30 octobre 2013

Armes Hypezig: Von Moschee-Bau und Rassismus

Den Hype um Leipzig fand ich immer schon irgendwie merkwürdig. Wenn mich Nicht-Leipziger auf die neuen Hipster-Stadt ansprechen, weiß ich immer gar nicht, was ich antworten soll. Dass nicht alles Gold ist, was glänzt, zeigt nicht zuletzt die aktuelle Debatte über den Moschee-Bau in Gohlis.

So gut kann es um den Freiraum und die Toleranz in Hypezig nicht bestellt sein, wenn eine Bürgerinitiative in Gohlis rassistische Vorurteile spielen lässt, nur weil eine muslimische Religionsgemeinschaft durch den Bau einer Moschee die Langeweile der Georg-Schumann-Straße etwas aufbrechen will. Die Argumente, die sich auf das architektonische Erscheinungsbild beziehen, scheinen dabei noch die harmloseren zu sein. Im Gegensatz zum Neubau der katholischen Kirche am Wilhelm-Leuschner-Platz oder der protestantischen Kirche im Rahmen des Universitätsneubaus (ist die eigentlich endlich mal fertig?) ist die geplante Moschee vergleichsweise klein und alles andere als ein Protzbau. 

Die Ahmadiyya-Moschee aus Richtung Süd-Ost. Im Hintergrund das höhere Nachbargebäude. (Foto: Stadt Leipzig)
Weitaus schlimmer sind die offen ausländer- und migrantenfeindlichen Argumente aus einer kruden "Überfremdungsangst" heraus oder aus der Angst vor einer "migrantischen Infrastruktur". So hat sich nach Bekanntmachung der Pläne eine (bislang anonyme) Bürgerinitiative gegründet, die den Moscheebau verhindern will und dafür die Online-Petition "Gohlis sagt Nein" initiiert hat. Liest man die Argumente, die die Petition begründen, kann einem nur schlecht werden. Knapp 2500 Unterstützer sind ihnen im Oktober 2013 trotzdem aufgessen. Der befürchtete steigende Lärmpegel und die kommende Parkplatznot sind dort natürlich die offiziellen Argumente. Glücklicherweiser wurde prompt die Gegen-Petition "Leipzig sagt ja" gegründet, die mit knapp 3000 Unterstützern etwas mehr zu bieten hat. Nun ist Quantität zwar noch kein Qualitätsmerkmal, aber es stimmt trotzdem erstmal zufrieden.

Viele der Argumente der Gegner haben andere schon sehr gut kritisch analysiert, z.B. hier oder hier. Eines der besonders dummen wird aber immer wieder bedient: In muslimischen Ländern ist der Kirchenbau oftmals nicht erlaubt, daher müssen wir in Deutschland auch den Moscheebau verbieten, so das Argument. Dafür hätte es gar nicht den Besuch der Veranstaltung "Logik und Wissenschaftstheorie" im Rahmen meines Bachelor-Studiums bedurft, um die Dämlichkeit des Arguments zu erkennen. Wenn ich einen Zustand kritisiere, weil ich ihn falsch finde, dann will ich ihn doch besser machen. Oder bin ich da zu naiv? Weil mein Nachbar, der Umweltsünder, den Müll nicht trennt, trenne ich ihn auch nicht, ist klar, ne?

Natürlich ist das alles kein Leipzig-spezifisches Problem. Feindlichkeit und Ressentiments gegenüber Fremden sind immer dort am ausgeprägtesten, wo es diese vermeintlich Fremden gar nicht gibt. In der Schweiz wurde der Minarett-Bau überwiegend in den Kantonen abgelehnt, in denen es gar keine Moscheen gibt (zur Erinnerung: Volkentscheid 2010). Das hört sich nur auf den ersten Blick paradox an. Denn dort, wo der Umgang mit "Anderen" zum Alltag gehört, ist auch die Fremdenfeindlichkeit geringer. Das liegt schon in der Logik des Wortes "fremd" begründet. Aber auf dem Weg dahin würde man natürlich seine Vorurteile und sein Schubladen-Denken verlieren. Dieser Prozess hat es in Leipzig leider noch nicht bei allen zum Hype geschafft.