18 octobre 2010

Du bist Theaterturbine.

Nach anderthalbjähriger Abstinenz konnte ich am Wochenende mal wieder eine wunderbare Show der Leipziger Impro-Theater-Gruppe "Theaterturbine" genießen. Ein mir bisher unbekanntes Programm der Gruppe versprach wie gewohnt Schauspiel auf hohem (und manchmal etwas niedrigerem) Niveau mit viel Charme, Witz und Verrücktheit.



Katrin Werner und Thorsten Giese gründeten die Theaterturbine im September 2002 und können nunmehr auf ein Ensemble von 15 Schauspielern und Musikern zurückgreifen, aus dem für jede Show neue Zusammensetzungen (von 3-5 Schauspielern) gebildet werden können. Anfangs gab es zwei verschiedene Shows, von denen "Riskante Spiele" bis heute überlebt hat. Hinzu kamen "Gurke oder Banane?" und jüngst "Das Labor".

"Riskante Spiele"

...habe ich bereits mehrmals gesehen. Es ist die wohl urtypische Impro-Show. Gespielt werden verschiedene Szenen (unter bestimmten Spielregeln), deren Rahmenbedingungen vom Publikum bestimmt werden. (Ort: Bahnhofsklo, Zeit: 5 Uhr morgens, Beruf: Feuermann, Genre: Bollywood-Film etc.). Oder Songs. Oder Gedichte. Oder oder. Diese Show verspricht eigentlich immer, gut zu sein - natürlich kommt es auf die Tagesform der Schauspieler an, allerdings sorgen kleine Szenen immer leichter für schnelle Lacher und werden nie langweilig.

Theaterturbine beschreibt es so:
"Eine abwechslungsreiche Show mit vielen verschiedenen Improvisationsspielen. Sie möchten eine Oper, einen Western und ein Ballett? Oder doch lieber einen Blues und einen Shakespeare? Spontan kann ein Schlager gesungen werden, vielleicht als Duett, oder das Genre wird plötzlich gewechselt oder sogar der ganze Handlungsort. Sie bestimmen - wir spielen." (Quelle: theaterturbine.de)

"Gurke oder Banane?"


Dieses Programm stammt ursprünglich von den "Gorillas" in Berlin, einer anderen Impro-Gruppe, die - man munkelt - sehr gut sein soll. Hierbei spielen 3 Schauspieler, wobei sich immer als Regisseure abwechseln und die Rahmenbedingungen des Gespielten gemeinsam mit dem Publikum abstecken. Es ist eine Art Wettkampf, bei dem am Ende das Publikum entscheidet, welcher Regisseur die "Gurke oder Banane" bekommt (wobei der Erfolg der Regie zu großen Teilen von der Leistung der Schauspieler bestimmt wird).
Theaterturbine:
"Drei Regisseure im Clinch. Sie lassen spielen, sie lassen singen, sie inszenieren und integrieren. Sie lassen tanzen, tanzen selbst, sie buhlen um die Kunst des Publikums! Denn als Mitglieder einer Stiftung entscheiden die Zuschauer, wer mit einem Stipendium die große Karriere startet oder mit der Gurke nach Hause geht." (Quelle: theaterturbine.de)
"Das Labor"
 Dieses Programm ist das wahrscheinlich persönlichste Programm. Die Schauspieler mischen sich schon vor der Show unters Publikum, führen persönliche Gespräche über Beruf und Freizeit, Gott und die Welt und lassen sich so für das spätere Schauspiel inspirieren. Das Publikum wird intensiv eingebunden, was nicht jedem gefallen mag, jedoch sehr schön ist, wenn man die eigenen Erfahrungen und Erlebnisse später auf der Bühne improvisiert dargestellt sieht. Es entstehen nicht kleine Szenen oder Spiele wie in den anderen Shows, sondern eine längere Geschichte. Das Ganze ist natürlich um einiges anspruchsvoller und so kann es auch teilweise zu kleinen Gähnern kommen. Gestern Abend fand ich es daher insgesamt ein wenig schlechter als die anderen mir schon bekannten Shows, am Tag danach finde ich es aber um Längen besser.

"Dieser Abend ist ein Versuchsfeld, eine Ausprobierbühne für alles Neue und Schräge. Fast alles ist möglich: Komplexe Geschichten, assoziative Strukturen - Freiraum der Fantasie" (Quelle: theaterturbine.de)
In der ersten "Halbzeit" wurde eine Art Krimi in der Anglerszene vor dem Völkerschlachtdenkmal gespielt, in dem die Steinsoldaten zum Leben erwachten und englische Touristen ermordeten und das Anglerehepaar Schmittke mit Problemen im Bett kämpfte. Teil 2 handelte von dem englischen Sir Gwendolin, der den Pferdestall seines Onkels abfackelte, nachdem Butler George dessen Anwesen erbte sowie von einer liebenswürdigen Stadtwerkerin ("Gas.Strom.Scheiße"), die Oberbürgermeister Jung vom Stadtwerke-Verkauf abbrachte und in den Postboten verliebt war.

Man erlebt Pointen, die aus der Hüfte geschossen kommen, neben längeren Szenen, die aber meist schnell durch einen Situationswechsel unterbrochen werden. Das Spektrum reicht von genial gespielt bis zu genial daneben. Das ist wunderbar menschlich und nah am Publikum dran. Theaterturbine macht einfach Spaß.