27 février 2012

Kairo, die Zweite: Zamalek


Zwei aufregende Wochen in Kairo sind zu Ende. Die anfängliche Verunsicherung durch apokalyptisch angehauchte Reisewarnungen und hetzerische Medienartikel wurde alsbald durch spannende Eindrücke und interessante Begegnungen bis hin zur Reizüberflutung abgelöst. In loser Serie soll Ordnung in dieses Chaos gebracht werden. Heute: Zamalek.

Kairo ist eine Mega-City. Mit ihren ca. 16 Millionen Einwohnern (Metropolregion) streckt sie sich am Nil entlang und breitet sich mit rasantem Tempo in alle Himmelsrichtungen aus. Die Nil-Insel Zamalek unterscheidet sich in verschiedener Hinsicht vom Rest der Stadt.


Nilinsel Zamalek (Quelle: Googlemaps)

Neben eher betagteren Ägyptern und Ägypterinnen wohnen und arbeiten auf Zamalek Menschen aus aller Welt, allen voran Diplomatinnen der zahlreichen Botschaften, die sich fast ausschließlich in diesem Viertel befinden, aber auch Entwicklungshelfer, Professorinnen und ausländische Hotelbesitzer. Ergebnis ist ein Viertel, welches mit dem Rest von Kairo nicht allzu viel gemein hat. Es ist teurer, sauberer, ruhiger, langweiliger.

Zamalek  (c) Renard Teipelke

Die Hälfte der Insel ist besteht aus einem „Sporting Club“, der mit Golf-, Tennis- und Fußballplätzen so ziemlich alles zu bieten hat, was das Sportler-Herz begehrt. Als Kontrastpunkt zum üblichen versmogten Kairo ist diese „grüne Lunge“ auch nicht zu verachten. Dumm nur, dass für den Eintritt aufs Gelände zunächst erst mal ein enormer Mitgliedsbeitrag zu bezahlen ist (Aufnahmegebühr ca. 10.000 Euro). Und in letzter Zeit wird diese Exklusivität auch noch von immer mehr Ägyptern geschmälert...



Zamalek Sporting Club (c) Renard Teipelke

Deutsche Diplomaten verbringen ihre Freizeit mit französischen Entwicklungshelfern, amerikanische Professorinnen treffen sich mit britischen Stiftungsarbeitern. Das mag man unterschiedlich bewerten; wenn man aber möglichst wenig von der ägyptischen Lebenswelt mitbekommen möchte, dann ist der Begriff der „Parallelgesellschaft“ gar nicht mehr so weit entfernt. Wenn die Ägypter dann noch auf die Idee kommen, eine Revolution anzuzetteln, kümmert es die Menschen aus Zamalek wenig: „Zamalek hat drei Brücken, da braucht man sechs Panzer und die Insel ist dicht.“ (O-Ton eines GIZ-Mitarbeiters). Und so kann man auf Zamalek -während auf dem 500 Meter entfernten Tahir-Platz für Demokratie und bessere Lebensbedingungen demonstriert wird - gemütlich seinen Cappuccino trinken und beherzt in sein Croissant beißen. Cheers.

To be continued.

9 février 2012

Kairo, die Erste

Im Jahr 2011 kam jemand auf die grandiose Idee, die Bewegungen für Demokratie und bessere (Über-)Lebensstandards im arabischen Raum, als "Arabischen Frühling" zu bezeichnen. Inzwischen wird von der sogenannten "Arabellion" gesprochen. Über die Kreativität der Wortschöpfungen lässt sich streiten, Fakt ist jedoch, dass sich seit nunmehr über 12 Monaten einiges getan hat. Tunesien schaut auf seine erste frei gewählte zivile Regierung, in Syrien geht das Morden weiter und in Ägypten merkt man so langsam, dass auch nach dem Sturz Mubaraks so einiges im Argen liegt. Spannend genug, um hinzufahren.

Während sich Europa über vermeintlich faule Griechen aufregt, die auch noch so "dreist" sind gegen die schmerzhaften Einsparungen zu protestieren, geht es in Ägypten teilweise um das nackte Überleben. Das neue Parlament hat sich gerade konsituiert, da zeigt sich in aller Deutlichkeit, dass der Militärrat vieles will, aber auf keinen Fall seine Macht abgeben. Und dass Mubarak nur die Spitze des Problem war. Wer sich über die aktuelle Situation ein wenig mehr informieren möchte, dem sei diese sehr interessante Dokumentation empfohlen: 


Umso spannender ist es, sich das Ganze im Rahmen einer Exkursion mal vor Ort anzuschauen. Natürlich machen wir keinen Abenteuer-Tourismus. Das wäre unangebracht und gefährlich. Aber wir beschäftigen uns mit spannenden Themengebieten, die alle von den aktuellen Ereignissen beeinflusst werden. Beispielsweise wird die Situation der Arbeiter und Arbeiterinnen immer prekärer. In Ägypten gibt es nicht zuletzt so viele Werke transnationaler Unternehmen, weil die Lohnkosten so gering sind. Im Spannungsfeld des ägyptischen Umbruchs ergeben sich nun neue Chancen für den Aufbau einer vom Staat unabhängigen Gewerkschaftsbewegung. Ich erhoffe mir viel von den Gesprächen zur Thematik mit Akteuren wie dem CTUWS oder der Journalistin Nadine Skandar. Aber dazu später mehr. Zunächst auf eine erkenntnisreiche, eindrucksvolle Exkursion! Cheers. 

Gewerkschaften im Spannungsfeld des ägyptischen Umbruchs

Zum Weiterlesen:
Powision, Ausgabe 11: "Wege aus der Demokratie"