19 mai 2011

Filmtipp: Todespolka.

Die letzten zwei Montage war ich in der Sneak Preview der Passage Kinos. Bei "Polnische Ostern" fand ich es ein wenig befremdlich, dass ein paar Leute mitten im Film den Saal verlassen haben - zugegeben, der Film war ziemlich flach, aber es ist eben auch die Sneak Preview mit Überraschungseffekt. Diese Woche verließ ca. 1/3 des Publikums den Saal - verständlicherweise, denn der Film war sehr anstrengend.

Der Film spielt "ein halbes Jahr nach der 'freundlichen Übernahme' durch die Bürgerpartei. [...] Die beim Volk beliebte populistische Politikerin Sieglinde Führer [haha!] sät Hass, Intoleranz und Gewalt. Nicht nur für Abweichler brechen schwere Zeiten an. [...]" (Film)




Im Mittelpunkt steht eine große Polkashow zu Ehren von Sieglinde Führer, in der neben Polka- und  österreichischer Volksmusik auch immer wieder die Dame selbst zu Wort kommt. Unter Sprechchören ("Siggi, Siggi, Siggi...") fordert sie den Austritt Österreichs aus der EU, die Abschiebung von (kriminellen) Ausländern sowie die Errichtung von Arbeitslagern für islamistische Terroristen, Homosexuelle, Kinderschänder und ähnliches 'Pack'. Übertragen wird das Event auf allen Kanälen im Fernsehen und läuft überall - auf der Tankstelle, auf der Polizeistation oder in den privaten Haushalten von denen, die es leider nicht persönlich zur Show geschafft haben.

Ein Medizinstudent, der dem Ganzen ablehnend gegenübersteht, wird von der Nachbarschaft kritisch beäugt und nimmt selbstverständlich Drogen. Nachbarin A: "Ich hab gehört, der spritzt sich Haschisch!" Sein farbiger Kommilitone besucht ihn ab und zu und wird natürlich gleich als sein Drogendealer abgestempelt. Nach und nach werden die Nachbarn eingeführt. Eine Familie ist schlimmer als die andere und allesamt glauben an die glorreiche Zukunft Österreichs mit Sieglinde Führer.

Die Story nimmt ihren Lauf als einer der Nachbarn seine Frau zum Sex zwingt und ihren Kopf dabei mehrmals gegen die Bettkante stößt. Im Glauben, sie sei tot, schleppt er sie in den Garten. Just in diesem Moment bekommt der Medizinstudent Besuch. Für die Nachbarn ist sofort klar: "Der Neger war's!" Es beginnt eine wilde Hetzjagd, zu deren Ende mehr Personen tot als lebendig sind.



Das alles ist unglaublich überzogen (als die Totgeglaubte wieder aufsteht, wird sie kurzerhand erschossen, um den anderen Mord zu vertuschen), manches hätte einfach nicht sein müssen und oft ist es einfach zu unrealistisch (der Chef des Polizeireviers ist der Cousin von Sieglinde). Aber darum geht es auch gar nicht. Das Groteske schockiert. Am Ende sind die einzig anständigen die Medizinstudenten, ein Mann mit geistiger Behinderung sowie eine Domina. Sie stehen den vermeintlich "braven Bürgern" gegenüber.

Das Erschreckende ist, dass Österreich (von weitem betrachtet) wirklich einen fragwürdigen Weg einschlägt. Ich kenne mich zu wenig mit dem Land aus, als dass ich eine fundierte Analyse liefern könnte. Verbot von Minaretten (weil sie nicht ins 'Landschaftsbild' passen), FPÖ und Haider-Kult sind da allerdings gefährliche Indizien. Damit steht Österreich wohl nicht allein in Europa und Deutschland ist keinesfalls besser. Ich erinnere nur an das meistverkaufte Buch 2010 ("meine rassistischen Äußerungen  waren aber gar nicht rassistisch gemeint! Darf ich jetzt in der SPD bleiben?"). Umso mehr brauchen wir eine engagierte Zivilgesellschaft, die couragiert auftritt und in der die Menschen gegenseitig auf sich acht geben. Dann nämlich können Filme, die heute noch Überzeichnungen sind, niemals Realität werden. Amen! 

16 mai 2011

Ordnung, die

Zustand der Aufgeräumtheit, in welchem sich die Welt gerade nicht befindet. Die Welt mit Ausnahme von: Sachsen. Nach Japan-GAU und Grünen-Sieg wirbt Tillichs Regierung in Baden-Württembergs Presse um Investoren: "In Sachsen ist die Welt noch in Ordnung!" steht da: "Kommen Sie zu uns!" Der Freistaat, so die Begründung, "unterstützt ohne Dogma und Ideologie moderne Techniken." Wann etwa das erste Atomkraftwerk an der Zwickauer Mulde in Betrieb gehen soll, verkündet die undogmatische Staatsregierung bislang nicht.

(gefunden in DIE ZEIT, leider nicht online abrufbar)